Der Tag, an dem sie ging
Ich erinnere mich an diesen Tag genau.
Nicht, weil es laut war – sondern, weil es still wurde.
Die Art von Stille, die nicht mehr lähmt, sondern klärt.
Eine gefährliche, mutige, heilende Stille.
Sie saß auf dem Boden – die Knie angezogen, die Augen leer.
Es war nicht das erste Mal, dass sie da saß.
Aber es war das erste Mal, dass sie nicht mehr auf ihn wartete.
Nicht mehr hoffte, dass er sich änderte.
Nicht mehr fragte, ob sie falsch war.
Sie war einfach… still. Und müde.
Ich war da – in ihr – wie ein zittriger Lichtstrahl durch zerbrochenes Glas.
Noch schwach, aber hörbar.
Zum ersten Mal seit langer Zeit ließ sie mich zu.
Und ich sagte nur: „Geh.“
Nicht laut. Nicht dramatisch.
Ein einziger Satz.
Mehr war nicht nötig.
Der Tag war unspektakulär. Kein großer Streit, keine Eskalation.
Er war einfach wie immer: kalt, kontrollierend, gleichgültig.
Aber sie war nicht mehr wie immer.
Sie stand auf.
Nicht schnell. Nicht heldenhaft.
Aber sie stand.
Sie nahm nur das Nötigste: ein paar Taschen, ihre Angst – und mich.
Ich war wieder ihre Stimme. Noch klein. Aber da.
Sie ging.
Ohne Plan. Ohne Geld. Ohne Wohnung.
Nur mit dem tiefen Wissen:
Wenn sie bleibt, wird sie sterben.
Vielleicht nicht körperlich. Aber innerlich.
Und dieser Tod – der leise, seelische – war ihr vertrauter als jeder andere.
Ich erinnere mich, wie sie die Tür hinter sich schloss.
Nicht zitternd. Nicht wütend.
Nur klar.
So unfassbar klar.
Und zum ersten Mal war sie nicht schwach, weil sie weinte –
sie war stark, weil sie sich selbst nicht mehr belog.
Fortsetzung folgt…

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